3. Spielen, wie es nur mit Zügen geht

Iwata:

Wegen

Video: des Zugs

Wegen des Zugs ...
des Zugs ...

Aonuma:

Damit hab ich schon gerechnet. (lacht)

Iwamoto:

Wir waren uns sicher, dass Sie uns darauf ansprechen. (lacht)

Iwata:

Mag einer von Ihnen Züge? Bevor ich Videospiele entdeckte, so kurz nach der Grundschule, war ich total begeistert von Zügen. Es gab Dampflokomotiven in Hokkaido, die aus dem Verkehr gezogen werden sollten, und ich fuhr hin und habe nach ihnen gesucht, damit ich noch Fotos von ihnen machen konnte, und Modelleisenbahnen habe ich auch gesammelt... solche Sachen. Gab es Eisenbahn-Fans im Entwicklungsteam?

Aonuma:

Nein, keine Eisenbahn-Fans.

Iwamoto:

Zumindest nicht von Anfang an.

Iwata:

Wie meinen Sie das, "von Anfang an"?

Iwamoto:

Also, natürlich hat es dann das Interesse einiger Teammitglieder geweckt, als wir die Züge recherchiert haben.

Aonuma:

Aber am Anfang gab es keinen einzigen Eisenbahnfan. Weil wir ja an einem ganz neuen Zelda-Spiel arbeiteten, habe ich zu Beginn einen Vorschlag gemacht. Ich sagte: "Warum verzichten wir nicht auf das Schiff? Stattdessen können wir uns doch einen großen Zelda-Handlungsbogen ausdenken, bei dem man die weite Welt durchquert und versuchen muss, einen Ort zu erreichen, an dem man noch nie gewesen ist."

Iwata:

Das Boot wurde also komplett gestrichen.

Aonuma:

Genau. Boote waren verboten (lacht). Ich finde es toll, wenn man ein großes Landgebiet vor sich hat, das vor den eigenen Augen immer mehr Gestalt annimmt, und in dem alle möglichen Entwicklungen stattfinden. Da wird richtig der Abenteuersinn geweckt. Aber dann mussten wir darüber nachdenken, wie man sich ohne Boot fortbewegen sollte, und zu diesem Zeitpunkt ist mir ein bestimmtes Bilderbuch eingefallen.

Iwata:

Ein Bilderbuch?

Aonuma:

...ich habe es heute sogar dabei.

Iwata Asks
Iwata:

Dieses Buch? "The Tracks Go On"?10

Aonuma:

Mein Sohn hat dieses Buch geliebt. Als er vier oder fünf war, hat er mir jeden Abend vor dem Einschlafen dieses Buch gebracht. "Lies mir das vor, Papa, lies es mir vor." Im Buch verlegen die Kinder...

Iwata:

(blättert durch das Buch) ...sie verlegen immer weiter Schienen.

Aonuma:

Ihnen begegnen alle möglichen Dinge, und als sie zum Beispiel auf einen Berg treffen...

Iwata:

...graben sie einen Tunnel. Als sie an einen Fluss kommen, bauen sie eine Brücke...

Aonuma:

Als sie auf eine Straße treffen...

Iwata:

Bauen sie einen Bahnübergang.

Aonuma:

Bis dahin ist es eine normale Geschichte.

Iwata:

Stimmt.

Aonuma:

Aber dann wird es interessant. Sie kommen an einen großen Teich. Und da gibt es Tiere, also fragen sie sich, was sie tun sollen. Und dann entscheiden sie sich...

Iwata:

Oh, sie weichen mit den Schienen aus. Um die Tiere zu schützen.

Aonuma:

Das gefällt mir sehr. (lacht) An dieser Stelle fragte ich - obwohl ich wusste, dass er die Antwort kennen würde, weil ich ihm die Geschichte jeden Abend vorlas - ich fragte meinen Sohn immer: "Was meinst du, was sie jetzt machen?"

Iwata:

Ihnen gefällt, dass sie dem Teich ausweichen, anstatt ihn aufzuschütten und darüber zu fahren.

Aonuma:

Wir kamen an diese Stelle, die "Pointe", und dann habe ich ihn ins Bett gebracht. So war immer der Ablauf. Und dann, ganz am Ende...

Iwata:

Bauen sie einen Bahnhof.

Aonuma:

Genau. Und dann kommt ein Zug an. Und alle steigen ein und fahren damit nach Hause. Das ist die ganze Geschichte. Sie ist sehr einfach, aber die Abenteuerlust, die darin liegt, wie die Kinder die Schienen verlegen... Irgendetwas daran hat sehr gut zu Zelda gepasst. Aber ich habe dem Team nichts von dem Buch erzählt.

Iwata Asks
Iwata:

Obwohl Sie die Idee daher hatten, haben Sie es verheimlicht.

Aonuma:

Das stimmt (lacht). Ich habe ihnen nichts von dem Buch erzählt, ich sagte nur: "Lasst uns einen Zug nehmen." Und dann: "Man soll die Schienen auch selber verlegen können." Ich habe es vorgeschlagen und dann haben wir angefangen, zu experimentieren.

Iwata:

Ich verstehe.

Aonuma:

Aber als ich zuerst auf die Idee gekommen bin, ging ich sehr entspannt damit um. Ich sagte Sachen wie: "Es macht doch bestimmt Spaß, wenn man die Schienen selber verlegen kann, oder?"

Iwamoto:

So was haben wir alle gesagt, nicht wahr? Voller Begeisterung. (lacht)

Aonuma:

Aber da wurde ein ziemlicher Albtraum draus. Weil das Verlegen der Schienen schon ziemlich kompliziert ist, wissen Sie? Im Buch ist es nach ein paar Seiten vorbei, aber Sie können sich bestimmt vorstellen, dass es wirklich schwierig ist, so etwas in einem Spiel umzusetzen. Und ich habe den Vorschlag einfach ganz locker gemacht. Das war nicht so schlau von mir...

Iwamoto:

Aber als der Rest von uns Ihre Idee gehört hat, dachten wir, dass es bestimmt Spaß machen würde, die Schienen ganz frei zu verlegen, so dass man nach Belieben überall hinreisen könnte.

Iwata:

Zuerst fand der Rest des Teams die Idee also auch lustig, Schienen verlegen zu können.

Iwamoto:

Richtig. Aber das Problem war, selbst wenn man die Schienen überall verlegen kann, wissen die Leute trotzdem nicht, wo sie sie verlegen sollen. Und damit die Geschichte funktionieren kann, muss es Orte geben, an die man nicht gelangen kann, und andere Orte, die man nur zu bestimmten Zeiten erreichen kann. Wir mussten also verschiedene Spielvarianten ausprobieren. Das hat ungefähr ein Jahr gedauert.

Iwata:

Ein ganzes Jahr? Aber die Entwicklungszeit hat doch nur zwei Jahre betragen...

Iwamoto:

Die Hälfte der zwei Jahre haben wir an der Eisenbahn gearbeitet. Und dann sagte Mr. Aonuma eines Tages: "Warum streichen wir das mit dem Schienenverlegen nicht einfach?"

Iwata:

Sie haben die Entwicklung also mit dem Ziel angefangen, es den Spielern zu ermöglichen, die Schienen nach Belieben verlegen zu können, und dann sagte Mr. Aonuma ein Jahr später: "Lieber doch nicht"... Wie hat das Team darauf reagiert?

Iwamoto:

Tja...

Iwata:

Hat es sich so angefühlt, als wenn jemand einen kleinen Couchtisch umgeschmissen hätte?

Iwamoto:

...nicht nur einen kleinen Couchtisch. Eher einen ziemlich riesigen. (lacht)

Iwata Asks
Iwata:

Tja, Sie haben ein Jahr daran gearbeitet, und dann hat es auf einmal nicht mehr funktioniert. Wie haben Sie es dann geregelt?

Aonuma:

In der neuen Welt waren die Schienen schon von Anfang an da, wurden aber aus irgendeinem Grund entfernt. Der Spieler muss sie wieder in den ursprünglichen Zustand versetzen.

Iwamoto:

Mit anderen Worten, jemand hat die Schienen entfernt und Link fügt sie Stück für Stück wieder zusammen.

Aonuma:

Also haben wir es so umgestaltet und als wir es dann auf dem Monitor gesehen haben, sagten viele Leute: "Das ist leicht zu verstehen und zu spielen."

Iwata:

Wenn man komplett frei ist, weiß man oft nicht so genau, was man tun soll. Wenn das Ziel klar ist, macht es das Spiel viel leichter zugänglich.

Aonuma:

Ja. Durch die Schienen gibt es eine klare Route und die Leute haben gesagt, dass es wirklich Spaß macht, sie immer mehr zu erweitern. Also dachte ich: "Tja, zumindest damit lag ich wohl richtig." (lacht) Aber auf der anderen Seite dachten intern einige Leute, dass so die Freiheit verloren gehen könnte. Aber selbst wenn das Ziel feststeht, kann man frei wählen wie man an das Ziel kommt.

Iwata:

Es ist also ein Zugewinn einer anderen Art von Freiheit.

Aonuma:

Das stimmt. Aber nicht nur das. Wir sind auch auf ein neues Spielelement gestoßen. Was passiert, wenn man die Schiene entlang rast und auf einmal kommt etwas auf einen zu?

Iwata:

Dann muss man irgendwie ausweichen.

Aonuma:

Genau. Aber Eisenbahnschienen sind ja nur einspurig. Man kann also nicht ausweichen, sondern rammt sich gegenseitig. Und es gibt Züge, die einen auf jeden Fall ausschalten könnten, wenn man sie rammen würde.

Iwata:

Man kann also nicht weglaufen (lacht).

Aonuma:

Wir haben es möglich gemacht, zu bremsen und rückwärts zu fahren, und auf ein anderes Gleis zu wechseln, wenn man an eine Weiche gelangt. Bei solchen Stellen muss man jetzt richtig nachdenken.

Iwata:

Ich verstehe. Man kann zuerst rückwärts fahren und dann auf ein anderes Gleis wechseln. Wenn der gegnerische Zug dann vorbei ist, kann man wieder weiterfahren.

Iwamoto:

Genau. Die Schienenabschnitte, auf denen die anderen Züge fahren, sind auf der Karte markiert. Man kann also denken: "Wenn ich hier geduldig warte, fährt er bestimmt da lang" und dann im richtigen Moment losfahren.

Aonuma:

Wenn es nicht um Züge ginge, wäre dieses Spielelement nicht möglich gewesen.

Iwamoto:

Dieses Element hat uns sehr angesprochen, deshalb haben wir sehr viel Arbeit in diese Teile des Spiels gesteckt.