2. Der Magische Moment

Iwata:

Die Entwicklung von Donkey Kong Country Returns begann zwar mit einer vom Schicksal bestimmten Gelegenheit, was aber nicht bedeutet, dass alles von Anfang an in ruhigen Bahnen verlief.

Tanabe:

Ja, zu Beginn sind wir ein bisschen ins Schwimmen geraten. Zum Beispiel, was die Gegner anging. Bei einigen Bossgegnern klappte es ganz gut, aber bei anderen, wie zum Beispiel

Video: Mangoruby

Die Entwicklung von Donkey Kong Country Returns begann zwar mit einer vom Schicksal bestimmten Gelegenheit, was aber nicht bedeutet, dass alles von Anfang an in ruhigen Bahnen verlief.
Mangoruby , überhaupt nicht. Mike und ich haben endlos daran herumgemacht.

Iwata:

An einem bestimmten Punkt sagten Sie, wenn Sie in dem Tempo weitermachten, würden die Bosse nicht mehr rechtzeitig fertig.

Tanabe:

Ja. Unser Tempo steigerte sich, als das Jahr 2010 begann. Aber vor einem Jahr hatten wir erst zwei von acht Bossen fertig.

Tabata:

Ich glaube, das war kurz vor der E3.

Mike:

Ja, das stimmt. Ich glaube, der Wendepunkt war ein paar Monate vor der E3. Zu der Zeit erhöhten wir die Anzahl der Leute, die sich mit dem Programmieren der Bosse beschäftigten. Damit kam die Entwicklung in Fahrt. Genau wie Mr. Tanabe gesagt hat, war Mangoruby eine ganz harte Nuss. Am Anfang dachten wir darüber nach, den Boss in einem Bosskampf von einer Weinrebe herunterhängen und schwingen zu lassen. Wir haben es ausprobiert, aber es brachte einfach keinen Spaß. Also beschlossen wir, unsere Vorgehensweise zu ändern. Bei diesem Spiel kann sich Donkey Kong an Gras festhalten und dann an Wänden und Decken entlanglaufen. Also fingen wir an, uns darüber zu unterhalten, ob wir ihn statt einer Weinrebe einen Zylinderring ergreifen lassen sollten. Dazu habe ich in meiner Mittagspause einen Prototyp entworfen.

Iwata Asks
Iwata:

In Ihrer Mittagspause? (lacht)

Mike:

Ja, klar. Ein ganz einfacher Prototyp. Man konnte zwischen verschiedenen Ringen vor- und zurückgehen, von einem zum nächsten springen, einen greifen und sich drehen und so weiter. Ich zeigte ihn Mr. Tanabe, und er sagte, dass er seiner Meinung nach funktionieren müsste. Nachdem wir auf diese Idee gekommen waren, verlief die Entwicklung etwas leichter, aber Mangoruby war bis zum Ende ein harter Kampf.

Iwata:

Von außen betrachtet hatte ich den Eindruck, dass Ihnen die Ideen in der letzten Phase der Entwicklung schneller kamen.

Tanabe:

Ja, das stimmt.

Iwata:

Wenn ein Projekt beginnt, gut zu laufen, dann funktioniert es manchmal ganz plötzlich. Ich hatte das Gefühl, das Spiel begann zu florieren, als Sie die letzte Phase erreichten.

Tanabe:

Ja, in den letzten paar Monaten hat das Projekt wirklich Fahrt aufgenommen. Insbesondere haben wir nach der E3 eine ganze Reihe neuer Elemente hinzugefügt.

Tabata:

Das stimmt.

Iwata:

Mr. Tanabe, was glauben Sie war der Grund dafür, dass sich das Projekt so schnell verbesserte?

Tanabe:

Hmm...Ich glaube, vor der E3 waren wir nicht immer einer Meinung darüber, was den Spaß ausmacht. Oftmals kamen die Leute mit etwas zu mir, von dem sie dachten, es sei lustig, aber ich sagte: „Nein, denken Sie sich etwas anderes aus.“ Nach der E3 hat sich das allerdings ganz deutlich verbessert. Man könnte sagen, sie hätten den Dreh raus. Nehmen Sie beispielsweise das

Video: Strand-Level

Die Entwicklung von Donkey Kong Country Returns begann zwar mit einer vom Schicksal bestimmten Gelegenheit, was aber nicht bedeutet, dass alles von Anfang an in ruhigen Bahnen verlief.
Strand-Level , das wir auf der E3 gezeigt haben.

Tabata:

Oh, Planken-Parcours.

Tanabe:

Wir haben in dieses Level so viel Arbeit gesteckt, damit es auf der E3 gespielt werden konnte, und immer weiter daran herumgefeilt. Die Arbeit war derart , dass wir den Eindruck hatten, wir würden extrem lange brauchen, die anderen Level genauso zu gestalten. Ich machte mir regelrecht Sorgen, ob wir rechtzeitig fertig werden würden, aber nach der E3 gelangen uns plötzlich alle möglichen großartigen Dinge, ohne dass wir dafür so hart arbeiten mussten.

Iwata Asks
Iwata:

Also wussten Ihre Leute auch dann genau, was sie machen mussten, wenn Sie ihnen keine genauen Hinweise gaben, und erzielten dabei großartige Ergebnisse.

Tanabe:

Ja. Ich frage mich, warum das so war. Ich habe das Gefühl, dass sich mit der E3 alles auf ganz dramatische Weise verändert hatte. Aber nach dem Grund würde ich gern Retro Studios fragen?

Iwata:

Nur zu. Jetzt kommt “Tanabe fragt”.

Kynan:

(lacht) Auch wir haben an einem bestimmten Punkt eine dramatische Wendung gespürt. Ein Grund dafür war, dass Nintendo und Retro Studios im Laufe zahlreicher Diskussionen eine gemeinsame Philosophie entwickelt hatten, wie man die Level des Spiels gestaltet, und auch zu einem gemeinsamen Verständnis gekommen waren, was den Witz eines Levels ausmacht. Wir hatten gelernt, welches Tempo es für ein spaßgeladenes Level bedarf und welche Elemente wir hineinpacken mussten.

Iwata Asks
Iwata:

Wenn Sie über eine gemeinsame Philosophie sprechen, dann meinen Sie, dass Retro Studios und Nintendo nun gemeinsame Wertvorstellungen zur Gestaltung von Spielen hatten, richtig?

Kynan:

Ja. Viele Leute denken vielleicht, es ist leicht, ein Side-Scrolling-Action-Level in 2D zu machen, aber alles in diesem Level hat seinen eigenen Grund. Als wir das erst einmal verstanden hatten, fiel es uns viel leichter, die Levels zu machen.

Tanabe:

Und das trifft nicht nur auf die Level zu. Auch bei der Steuerung gingen unsere Meinungen zunächst auseinander. Insbesondere Tom war oft anderer Meinung. Aber ich finde, er hat letzten Endes alles wunderbar zusammengefügt.

Iwata:

Toms Gesichtsausdruck auf dem Monitor spricht Bände. (lacht)

Tom:

(lacht) Ich glaube, das ist bei jedem Projekt gleich. Zu Beginn arbeitet man so hart man nur kann an den grundlegenden Funktionen. Am Anfang der Entwicklungsphase probiert man alles Mögliche aus, um die richtige Stimmung zu erzeugen, was nichts anderes bedeutet als die Funktionen zu konkretisieren. Das Projekt befindet sich in dieser Phase in einem recht unzusammenhängenden Stadium, und man denkt: „Kann daraus wirklich ein Spiel werden?“ Aber als wir erst einmal anfingen, alle Teile zusammenzusetzen, mithilfe derer wir verschiedene Dinge ausprobieren konnten, fügte sich all das wie durch ein Wunder zusammen, was uns vorher unzusammenhängend vorgekommen war. Das war zu Zeiten der E3. Da fing das Spiel an, eine Einheit zu bilden. Das war ein magischer Moment.

Iwata Asks
Tanabe:

Oh! Gut ausgedrückt! (lacht)

Tabata:

Ja, genau. (lacht)

Iwata:

Es ist schwierig, diesen „magischen Moment”, von dem Sie gerade sprachen, ins Japanische zu übersetzen. Aber man kann vielleicht sagen, dass die Zeit gekommen war. Vorher haben Sie ungleiche Elemente hergestellt, aber von einem bestimmten Punkt an haben sich diese wunderbar zusammengefügt.

Kynan:

Und ich glaube, wir sind ziemlich gut darin, Spiele feinzuschleifen und noch witziger zu machen. Als wir erst einmal die Grundlagen hatten, wurde es viel einfacher, die Level zu gestalten.

Iwata:

Oftmals lähmt es die Entwicklung, wenn man zwischendurch eine Spielversion für eine Messe auf Veranstaltungen wie der E3 zusammenstellt. Aber im Fall von Donkey Kong Country Returns hatten wir richtig Glück gehabt, dass die E3 zu diesem Zeitpunkt stattfand.

Tanabe:

Das glaube ich auch. Aber wäre der magische Moment ein halbes Jahr früher eingetreten, dann hätte uns das die Endphase der Entwicklung erleichtert! (lacht)

Alle:

(lachen)

Tanabe:

Das ist ja bei jedem Spiel so, aber dieses Mal war die letzte Etappe wirklich mörderisch.

Kynan, Mikeund Tom:

(nicken zustimmend)

Iwata:

(lacht)

Tanabe:

Aber auch wenn es so harte Arbeit war, sahen wir doch alle aus, als hätten wir Spaß dabei.

Kynan:

Das stimmt natürlich. Zum Ende der Entwicklung führten wir einige ernste Diskussionen. Während dieser angespannten Zeit beschrieb ich Ihnen und Ms. Tabata Donkey Kongs Handlungen mit Händen und Füßen und imitierte seine Stimme - Oo ee! Oo ee! - und plötzlich brach jeder in Gelächter aus! (lacht)

Tanabe:

Ja, das war wirklich komisch. (lacht)

Tabata:

Plötzlich wurden wir alle viel lockerer! (lacht)