5. Ein überraschender, witziger Sound

Iwata:

Was war Ihr erster Eindruck, Mr. Ishikawa?

Ishikawa:

Ich hatte ein richtig banges Gefühl.

Iwata:

Ein banges Gefühl?

Ishikawa:

Nur wenige Minuten, bevor ich die Grafiken des Spiels gesehen hatte, hatten sie mir gesagt, dass sie die Musik schon im nächsten Monat haben wollten. Ich konnte es kaum glauben.

Iwata:

Oh, Sie hatten doch gar keine Zeit, überrascht zu sein. (lacht)

Ishikawa:

Richtig. (lacht) Alles woran ich denken konnte, war, wie wir bloß die Arbeit, die wir bekommen hatten, innerhalb dieses Zeitrahmens abschließen könnten. Einer der wichtigsten Sound-Designer von Kirby und das magische Garn, der heute nicht hier ist, war Tomoya Tomita von Good-Feel. Zu dieser Zeit hatte er bereits eine perfekte Geräuschkulisse für das Spiel erstellt. Aber die Qualität war extrem hoch. Mithilfe des Sounds sollte die Weichheit vermittelt werden, die mit der Garnwelt verbunden wird. Wir drei, die wir heute hier versammelt sind, haben darüber diskutiert, wie wir diesen weichen Sound erzeugen könnten, aber keiner hatte eine Idee.

Iwata Asks
Iwata:

Er hatte das Know-how, das Ihnen fehlte.

Ishikawa:

Genau. Wir fragten uns, wie wir nur etwas herstellen könnten, das zu der Musikwelt passte, die er erschaffen hatte. Kreierten wir Sounds, die völlig anders waren, würde sich das Spiel nicht so anfühlen, als wäre es aus einem Guss gemacht. Und wenn wir an der Erschaffung genau dieses Sounds mitwirkten, dann wollten wir etwas Überraschendes machen.

Iwata:

Und außerdem wollten Sie mit dem Sound bewirken, dass die Leute, die die vorigen Kirby-Spiele gespielt hatten, dachten: “Aber das ist doch Kirby!“

Ishikawa:

Genau. Innerhalb kürzester Zeit hatten wir die Aufgabe zu erfüllen, eine Musik zu machen, bei der die Leute nicht sagen: “Oh, die Musik ist ja so wie immer!” oder “Die Musik passt aber nicht!”, sondern: “He, die Musik gefällt mir!”

Iwata:

Mr. Ikegami, Sie waren für den Zeitplan des Sounds verantwortlich. Warum wurde dieser so eng gesetzt? Wurden Sie von Nintendo zu sehr unter Druck gesetzt?

Ikegami:

Nein nein, das wurden wir nicht. (lacht) HAL Laboratory fing erst an, am Sound mitzuarbeiten, als schon einige Zeit verstrichen war. Zunächst beobachtete ich das Projekt nur von mir aus. Aber Good-Feel machte ein Spiel zu einem so großartigen Thema, und ich fand die Musik, die Mr. Tomita gemacht hatte, so toll, dass ich dachte: „Lasst uns auch mitmachen!“

Iwata:

Also sagten Sie mitten im Projekt: “Wir wollen es machen!” und haben ihn überredet.

Ikegami:

Nein nein, so war es nicht! (lacht) Als wir uns dazu entschlossen, die Kirby-Musik aus den früheren Spielen einzubauen, wollte ich gern die Musik von Mr. Tomito an das Motto der Garnwelt anpassen lassen. Aber da er dies nicht mit seinem Terminplan vereinbaren konnte, dachte ich: „Das ist unsere Chance!” (lacht)

Iwata:

Sie sagten: „Wenn Sie zu beschäftigt sind, dann helfen wir Ihnen gern aus“, aber tief in Ihrem Inneren dachten Sie: „Ja! Das gehört uns!“ (lacht)

Ikegami:

Genau. (lacht) Und obwohl auch die Terminpläne von Mr. Ishikawa und Mr. Ando ziemlich voll waren, sagten sie, dass sie unsere Hilfe gern annähmen.

Iwata:

Mr. Ando, was dachten Sie, als Sie vor der Aufgabe standen, den Sound in einer so kurzen Zeit zu erstellen?

Ando:

Mr. Ishikawa und ich teilten uns die Songs auf, für die HAL Laboratory verantwortlich war. Bei dem

Video: Sound

Was war Ihr erster Eindruck, Mr. Ishikawa?
Sound , den Mr. Tomita gemacht hatte, spielte das Klavier eine zentrale Rolle. Der Sound war sorgfältig ausgewählt worden, um das Gefühl von Wärme zu erzeugen. Wir nahmen uns vor, nach ähnlichen Klängen zu suchen, nach einem Sound, der nicht mechanisch klang. Wie wir schon erwähnt haben, ist die Spielmusik immer anspruchsvoller geworden.

Iwata Asks
Iwata:

Also haben Sie sich eher für den Sound mit Überraschungseffekten als für einen anspruchsvollen Sound entschieden.

Ando:

Richtig. Wir wollten nur einige wenige Sounds verwenden, so dass die Charakteristika jedes Songs ganz deutlich herauskommen würden. Ich beschloss, meine eigenen Hände zur Erstellung dieser Songs einzusetzen, indem ich an einigen Stellen Bass oder Ukulele spielte, anstatt diese Klänge auf dem Computer zu programmieren.

Iwata:

Also haben Sie heute all die Instrumente auf dem Tisch angeordnet, um das zu erklären. (lacht)

Ando:

Genau. (lacht) Das ist eine Art Melodica. Die ist ganz leicht zu tragen. Deshalb habe ich sie heute mitgebracht.

Iwata Asks
Iwata:

(lacht)

Ando:

Jede Taste hat ihr eigenes Ventil ... Also klingt es so … (♪ Melodie von Kirby’s Dreamland) Hiermit kann man wirklich einen einzigartigen Sound erzeugen.

 

Video: Sehen, wie Mr. Ando spielt

Was war Ihr erster Eindruck, Mr. Ishikawa?
Sehen, wie Mr. Ando spielt

Iwata:

Allein wenn ich das höre, ruft das schon die Kirby-Spiele in mir wach.

Ando:

Und da ich es selbst spiele, klingt es genau richtig.

Iwata:

Wenn Sie die ganzen Stücke selbst spielen, sind Sie natürlich der Überzeugung, dass sie genau richtig klingen! (lacht)

Ando:

Klar. (lacht) Wenn man selbst spielt, kann man die Songs viel schneller schreiben, als wenn man sie auf dem Computer programmiert. Und wenn jemand die Musik tatsächlich auf einem Instrument spielt, hört sie sich viel wärmer an, was meiner Meinung nach perfekt zur Atmosphäre des Spiels passt. Natürlich habe ich die Musik hinterher noch auf einem Computer nachbearbeitet.

Iwata:

Mr. Ishikawa, was dachten Sie über Mr. Tomitas Song, als Sie ihn sich anhörten?

Ishikawa:

Ich hatte das Gefühl, dass sich die Wärme im ganzen Raum ausbreitete. So als würde ein mit Holz vertäfelter Raum singen. Die Songs haben eine starke Echo-Struktur. Ich habe mich mit Mr. Tomita getroffen, um zu erfahren, wie man diese Struktur herstellt. Aber er sagte, er hätte nichts Besonderes gemacht. Also setzte ich mich vor den Computer, starrte auf den Monitor und überlegte, wie auch ich den Song, den Mr. Tomita gemacht hatte, erstellen könnte.

Iwata:

Während also Mr. Ando alle möglichen Instrumente ausprobierte, zermarterten Sie sich vor dem Computer das Hirn, um herauszufinden, wie man einen Sound mit dieser warmen Textur erzeugt.

Ishikawa:

Das stimmt. Ich übernahm das Mischen, das Mastering und habe den Feinschliff gemacht. Dann kam eines Tages Mr. Ando mit einem Song zu mir, den er auf der Ukulele geschrieben hatte.

Ando:

Oh, den …? (lacht)

Ishikawa:

Mr. Andos Stärke ist es, komplexe Akkorde zu machen. Aber als ich einmal am Computer saß, um an der Soundtextur zu arbeiten, dachte ich, einer der Akkorde sei ein bisschen komisch, obwohl ich nicht an Mr. Andos Fähigkeiten zweifelte. Als ich ihm davon erzählte, sagte er: „Das bringe ich gleich in Ordnung.” Dann sagte er mit einer leisen, kaum hörbaren Stimme: „Ich hatte den falschen Griff.” (lacht)

Iwata Asks
Iwata:

Obwohl er doch vorhin gesagt hat, dass sich die Musik gerade richtig anhörte, weil er sie selbst gespielt hätte?! (lacht)

Ando:

Ich denke, so ganz richtig war es dann doch nicht! (lacht)

Alle:

(lachen)

Iwata:

Wie haben Sie schließlich die Songs von HAL Laboratory und die Songs, die Mr. Tomita gemacht hatte, zusammengeführt?

Ando:

Hierfür war die Handlungsstruktur wichtig. Aus diesem Grund wird die Musik von Mr. Tomita während der ersten Hälfte und zur Mitte hin gespielt.

Ikegami:

Mit andern Worten haben wir den neuen Sound in der ersten Hälfte und zur Mitte des Spiels verwendet, um den Unterschied zwischen der Garnwelt und der bekannten Kirby-Welt zu verdeutlichen.

Ando:

Und HAL Laboratory war für die Songs verantwortlich, die zu den späteren Leveln gespielt werden. Und während man sich durch das Spiel spielt, wird ein

Video: Arrangement der Kirby-Melodie

Was war Ihr erster Eindruck, Mr. Ishikawa?
Arrangement der Kirby-Melodie gespielt, das jeder kennt. Dadurch bekommt man das Gefühl: „Ah, ich komme nach Hause.“ Diese Spielstruktur ist meiner Meinung nach sehr effektiv.

Iwata:

Die Struktur der Level und die Musik, die während dieser Level gespielt wird, sind direkt miteinander verbunden.

Ando:

Richtig. Nachdem die neue Musik der Garnwelt gespielt wurde, werden später im Spiel die Songs von HAL Laboratory gespielt, wodurch das spezielle Kirby-Feeling noch mehr zum Ausdruck gebracht wird.

Iwata:

Es gibt einen starken Kontrast zwischen den beiden. Wenn Sie die Musik produzieren, was geht Ihnen dann durch den Kopf, wenn Sie das spezielle Kirby-Feeling erzeugen wollen?

Ando:

Ich bin mir nicht sicher, ob ich darüber nachdenke …

Iwata:

Sie denken gar nicht darüber nach?! (lacht)

Ikegami:

Ich denke nicht, dass diese beiden hier großartig darüber nachdenken. Kirby-Songs werden mit persönlichem Instinkt gemacht.

Iwata Asks
Iwata:

Oh, ich verstehe. Was immer Sie beide produzieren, wird zu den Songs für die Kirby-Spiele.

Ikegami:

Ich frage mich selbst, was „Musik mit dem speziellen Kirby-Feeling” ausmacht. Aber das spezielle Kirby-Feeling könnte man damit beschreiben, dass alles möglich ist - eine gewisse Freiheit, die alles erlaubt.

Iwata:

Ein Allesfresser? Die Art und Weise, mit der Kirby alles inhaliert?

Ikegami:

Ich glaube schon.

Ishikawa:

Vielleicht ist dies nur meine persönliche Einstellung, aber ich habe an den Songs für das erste Kirby-Spiel gearbeitet. Und Mr. Ando hat die Musik für das Folgespiel, Kirby’s Adventure, erstellt. Und diese beiden Sounds bilden die Grundlage für das spezielle Kirby-Feeling. Die folgenden Kirby-Spiele vermitteln alle das „Alles ist möglich“-Feeling, von dem Mr. Ikegami gesprochen hat. Und Humor gehört natürlich auch noch zum speziellen Kirby-Feeling.

Iwata:

Sie denken also, dass neben den Kirby-Leitmotiven - Überraschung, Spaß und Wärme - der Humor ein weiteres wichtiges Element ist.

Ishikawa:

Ja. Selbst wenn es sich um ein Kirby-Spiel handelt, kann die Musik ein schriller Rock’n’Roll, ein majestätisches Orchester-Arrangement oder ein aufgezeichneter Auftritt sein. Wir würden alles tun, um die Spieler zu überraschen, und haben auch Songs gemacht, die den Sinn für Humor im Spieler wecken und diesen zum Schmunzeln anregen.